
Die globale Textilwirtschaft im Fokus
Die globale Textilindustrie ist alles andere als nachhaltig. Die sozialen und ökologischen Auswirkungen sind verheerend – eine Entwicklung, die durch die Zunahme der Fast Fashion, also der billigen Mode mit immer kürzerer Nutzungszeit, noch beschleunigt wird. So landen von den rund 150 Milliarden Kleidungsstücken, die pro Jahr produziert werden, rund 60 % nach einem Jahr in der Altkleidersammlung oder auf der Mülldeponie.
Ökologische …
Die Herstellung von Textilien ist ein sehr ressourcenintensiver Prozess. Schätzungen zufolge entstehen allein bei der Herstellung von Bekleidung rund 10 % der jährlichen weltweiten CO2-Emissionen. Hinzu kommt ein enormer Wasserverbrauch bei der Baumwollproduktion und den weiteren Verarbeitungsschritten. Darüber hinaus belasten Pestizide beim Baumwollanbau sowie mehrere hundert verschiedene Chemikalien bei der Stoffproduktion und beim Färben die Umwelt. Mehr als 80 % der Baumwollpflanzen sind zudem gentechnisch verändert.
Für die Produktion eines T-Shirts werden etwa 2.700 Liter Wasser eingesetzt. Zum Vergleich: Eine Badewanne fasst ca. 150 Liter.
Nach der häufig recht kurzen Nutzungsdauer landen jährlich Milliarden Kleidungsstücke auf teilweise wilden Mülldeponien – nicht selten auch fabrikneue Ware, die als Retourensendung nie getragen wurde. Da Textilien immer häufiger aus Mischfasern hergestellt werden, ist die saubere Trennung und Wiederverwertung oft nicht möglich.
… und soziale Folgen
Auch was die sozialen Bedingungen angeht, ist ein Großteil der konventionellen Textilwirtschaft mit zahlreichen Problemen behaftet. Angefangen beim Einsatz von Kindern bei der Baumwollernte bis hin zu menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken mit zu langen Arbeitszeiten, sexuellen Übergriffen und zu geringen Löhnen, die oftmals nicht zum Leben reichen.
Hinzu kommen die Gefahren durch marode Gebäude und fehlende Brandschutzvorrichtungen, die häufig zu Unfällen mit fatalen Folgen führen. Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch am 24. April 2013, bei dem mehr als 1.100 Menschen getötet und über 2.500 verletzt wurden, gilt als trauriger Höhepunkt.
Wie reagieren Verbraucher*innen, wenn sie sehen, was sich hinter niedrigen Löhnen verbirgt?
Es besteht Handlungsbedarf
Politik, Wirtschaft und Verbraucher*innen sind dringend gefordert, sich für mehr Nachhaltigkeit in der Textilwirtschaft einzusetzen. Mit der Verabschiedung des Lieferkettengesetzes ist die Bundesregierung im vergangenen Jahr einen ersten Schritt gegangen, Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit entlang ihrer globalen Lieferketten zu verpflichten. Aus unserer Sicht müssen diesem Schritt weitere Schritte folgen.
Der Faire Handel macht es vor
Der Faire Handel stellt das Gemeinwohl in den Mittelpunkt seines Wirtschaftens, nicht den schnellen Profit. Mit verschiedenen Instrumenten setzt sich der Faire Handel konkret für die Verbesserung der ökologischen und sozialen Bedingungen in der Textilindustrie ein. Unter anderem ist die Einhaltung der Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation vorgeschrieben, die z.B. den Einsatz von ausbeuterischer Kinderarbeit in allen Stufen des Produktionsprozesses verbieten.
Der Fairtrade-Textilstandard sieht vor, dass innerhalb eines festgelegten Zeitraums die Zahlung von existenzsichernden Löhnen in allen Verarbeitungsstufen erreicht werden muss. Der Einsatz von gentechnisch veränderter Baumwolle ist im Fairen Handel verboten und umweltschonende Produktionsweisen werden gefördert. Mit Trainings und Beratungen unterstützt der Faire Handel seine Handelspartner bei der Erreichung der Ziele. Da über 80 % der in der Textilindustrie Beschäftigten Frauen sind, hat der Faire Handel insbesondere die Verbesserung ihrer Situation im Blick.
Das Angebot an öko-fairen Textilien wächst schnell – zahlreiche Geschäfte und Label bieten Kleidung aus ökologisch und sozial verträglicher Produktion an. Auch immer mehr Weltläden führen Textilien, einige sind sogar auf öko-faire Textilien spezialisiert wie die Fashion-Weltläden in Füssen, Weilburg und Hofheim am Taunus.
Fashion Revolution Week
Mit Aktionen in mehr als 90 Ländern macht die Fashion Revolution Week jedes Jahr im April auf die Missstände in der Textilindustrie aufmerksam. Mit dem #whomademyclothes will sie zur Auseinandersetzung mit der Herkunft der eigenen Kleidung aufrufen und den Fokus auf ökologisch und sozial verträglich hergestellte Textilien lenken. Sie findet in diesem Jahr vom 18. bis 24. April statt. Die Seite des deutschen Ablegers Fashion Revolution Germany e.V. bietet zahlreiche weitere Informationen und Möglichkeiten zum Mitmachen.
Auch die Faire Woche beschäftigt sich vom 16. bis 30. September 2022 mit den menschen(un)würdigen Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie und den Ansätzen des Fairen Handels, daran etwas zu ändern.