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Personalführung

Führung ist in Weltläden ganz unterschiedlich ausgeprägt und akzeptiert. Es gibt Weltladen-Teams, die keine offizielle Leitung haben und alles gemeinsam entscheiden, durchführen und verantworten, wo sogar der Vorstand nur eine formale Funktion erfüllt. In anderen Ladenteams gibt es eine*n Chef*in und seine*ihre Mitarbeiter*innen.

Wo die Leitung angesiedelt ist, hängt von der Organisationsstruktur bzw. dem Organisationsmodell des Weltladens ab. Führung kann demnach durch mehrere Personen mit verschiedenen Zuständigkeitsbereichen, im Team oder von einer einzelnen Person wahrgenommen werden. Dabei kommt es häufig vor, dass nicht immer und allen klar ist, wer führt.

Formelle und informelle Führung

Grundsätzlich lässt sich zwischen formellen und informellen Führungspositionen unterscheiden:

  • Formelle Führung bezeichnet die offiziell zugewiesene, ausgesprochene Leitungsrolle. Alle wissen, dass diese Person die Leitung für einen bestimmten Aufgabenbereich oder die Gesamtleitung inne hat.
  • Informelle Führung bezeichnet die unausgesprochene Leitung, die jemand übernimmt oder die ihm*ihr von anderen zugeschrieben wird.

Führung entwickelt sich in allen größeren Gruppen. Gruppen bis zu sieben Personen können sich noch selbst steuern. Darüber hinaus braucht es eine Leitung, die Koordinationsaufgaben wahrnimmt. Wird in einer Gruppe keine formelle Leitung installiert, bildet sich eine informelle Leitung heraus. So übernehmen z.B. die Macher*innen die Führung.

Es kann sich aber auch parallel zur formellen Leitung eine informelle Leitung etablieren. Das können Meinungsführer*innen sein, Gründer*innen, Menschen mit großer persönlicher Autorität oder Kompetenz, denen Vertrauen entgegengebracht wird. Formelle und informelle Führung können miteinander konkurrieren, was dazu führt, dass die formelle Leitung nicht anerkannt wird und so auch nicht wirksam werden kann.

Informelle und formelle Führungspositionen im Weltladen

Informelle Führungspositionen Formelle Führungspositionen
Gründer*innen Vorstand
Graue Eminenz Geschäftsführung
5-Freund*innen-Clique Ladenleitung/-koordinator*in
Macher*innen Ladenleitungsteam
Chef*in AG-Leitung
Meinungsführer*innen Hauptamtliche
Hauptamtliche

Wenn es im Team eine hauptamtliche Person gibt, hat diese oft auch die Leitung des Teams, weil der Träger sie explizit dazu angestellt hat. Die Hauptamtlichkeit geht allerdings nicht zwangsläufig mit einer Leitungsfunktion einher. In manchen Weltläden werden Hauptamtliche nur im Verkauf eingesetzt oder sind als Bildungsreferent*in für eine bestimmte Aufgabe zuständig.

Mandat für Führung

Um Führungsaufgaben wahrnehmen zu können, braucht es ein Mandat. Dieses wird entweder einer Person oder Gruppe informell zugestanden oder es wird offiziell erteilt. Jemand, der*die z.B. offiziell die Projektleitung inne hat, hat damit auch die Berechtigung, nachzufragen, wie weit ein Vorhaben gediehen ist. Insbesondere Leitungsaufgaben im Bereich Personalführung, wie zum Beispiel ein Mitarbeiter*innengespräch führen, Aufgaben delegieren, in Konflikten vermitteln, können nur von einer Person wahrgenommen werden, die ein Mandat dafür hat. Ohne offiziell erteilte Leitungsrolle entbehrt Führung der Legitimation und kann zu einem Übergriff werden. Nicht legitimierte Führung erzeugt häufig große Widerstände. Es kann aber auch sein, dass alle froh sind, dass endlich jemand das Steuer übernimmt.

Aber auch eine formelle Leitungsrolle sagt noch nichts darüber aus, dass die Führung akzeptiert wird. Führung kann nur mit dem Einverständnis und der Unterstützung der Geführten wirksam werden. Das hängt unter anderem davon ab, wie die Leitungsrolle ausgefüllt wird, d.h. welches Führungskonzept und damit auch welcher Führungsstil ihr zugrunde liegen.

Partizipative Führung

Weltläden sind in der Regel nicht hierarchisch organisiert. Alle Mitarbeiter*innen wirken an der Entwicklung und Gestaltung des Weltladens mit und bringen sich auf unterschiedliche Weise ein. Führung sollte daher die Beteiligung aller ermöglichen. Im Weltladen kann es daher nur ein partizipatives Führungskonzept geben.

Bei einem partizipativen Führungskonzept werden die Mitarbeiter*innen einbezogen und beteiligt bei der Zielfindung, der Planung, der Umsetzung und bei den Entscheidungen. Es werden konsensgestützte und nicht machtgestützte Entscheidungen getroffen. Den Mitarbeiter*innen werden Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung übergeben. Sie sollen mitdenken – mitreden – mitverantworten.

Die Beteiligung der Mitarbeiter*innen ist eine Voraussetzung für deren Engagement. Menschen engagieren sich und übernehmen Verantwortung, wenn sie einen großen Gestaltungs- und Handlungsspielraum haben. Motivation und Delegation spielen hierbei eine große Rolle.

Bei partizipativer Führung werden die Mitarbeiter*innen... von Befehlsempfänger*innen → zu Mitdenker*innen von Durchführenden → zu Gestalter*innen von Betroffenen → zu Beteiligten von Untergebenen → zu Mitarbeiter*innen, die sich verantwortlich fühlen

Weltläden, die stark von einer Führungsperson oder einem Führungsteam dominiert werden, welches alles in der Hand hält, selber macht und entscheidet, lassen zu wenig Gestaltungsspielraum für die Mitarbeiter*innen zu. Die Mitarbeiter*innen sind nur noch Ausführende oder schlimmstenfalls Handlanger*innen. Dies führt dazu, dass Menschen mit starkem Gestaltungswillen die Gruppe verlassen, da sie sich nicht genügend einbringen können. Übrig bleiben Menschen, die eine überschaubare, klar umrissene Aufgabe suchen, ohne viel gefordert zu werden oder verantwortlich zu sein. Das ist für das Fortbestehen des Weltladens hoch riskant. Wenn die Führungsperson aufgrund des Wachstums des Weltladens nicht mehr alles alleine schafft oder aus Altersgründen zurücktreten will, finden sich oft keine Mitarbeiter*innen mehr, die verantwortungsvolle Aufgaben übernehmen wollen, da nur noch die wenig Ambitionierten übriggeblieben sind.

Ein partizipatives Führungskonzept erfordert im Gegenzug auch selbstverantwortliche Mitarbeiter*innen. Weltläden brauchen motivierte, verantwortungsbereite Menschen. Den Willen zur Selbstverantwortung kann man zwar nicht vorschreiben oder erzeugen, aber man kann ihn zerstören durch einen zu geringen Handlungsspielraum. Dennoch wird es auch im Weltladen Mitarbeiter*innen geben, die sich nur in einem begrenzten Maß einbringen wollen, was in einigen überschaubaren Aufgabenbereichen sicher auch möglich ist. Aber selbst die Mitarbeitenden, die "nur" Ladendienst machen, sollten engagierte Verkäufer*innen sein, die Produkte kennen und sich selbstverantwortlich darum kümmern, alle Informationen und Absprachen rund um den Ladendienst einzuholen und einzuhalten.

Eine partizipative Führung und flache Hierarchien basieren auf einer Kultur des Vertrauens statt der Kontrolle. Sie vertrauen in die Motivation und Selbstverantwortung der Mitarbeiter*innen.

Führung als Prozesssteuerung

Die Aufgaben der Leitung sind vor allem die Organisation und Steuerung von Prozessen. Die Leitung hat nicht die Aufgabe, alles selbst zu entscheiden oder zu machen, sondern sie koordiniert, vernetzt, behält die Zielerreichung im Auge, die nötigen Arbeitsschritte und die Zeitschiene. Sie sorgt dafür, dass ausreichend Teamtreffen stattfinden, bei denen Absprachen getroffen werden und steuert die Kommunikation. Sie trägt die Verantwortung für den Prozess.

Die Ziele, die nötigen Aufgaben, die Festlegung der Zwischenschritte und die Terminierung können vom Gesamtteam oder einer Arbeitsgruppe gemeinsam entschieden und umgesetzt werden. Der*Die Leiter*in von Teilarbeitsgruppen kann das Team in anderen Gremien oder Arbeitsgruppen vertreten, die für eine Abstimmung der Schnittstellen nötig sind. Dabei wahrt die Leitung eine Balance zwischen Aufgaben- und Mitarbeiter*innenorientierung.

Dieses Führungskonzept findet sich meistens bei der Projektleitung eines Projektteams. Die Leitung moderiert den Prozess und interveniert im Sinne der Zielerreichung. Als Projektleitung hat sie auch das Mandat dafür.

Führungsstile

Im Wesentlichen lassen sich drei Führungsstile unterscheiden:

Autoritär

  • Ausschließliche Aufgabenerfüllung im Sinne der Führungskraft.
  • Die Führungskraft gibt die Strategie, die Ziele, die Strukturen vor und erteilt Anweisungen.
  • Entscheidungen werden alleine getroffen.
  • Mitarbeiter*innen werden häufig kontrolliert.
  • Eher distanziertes Verhältnis zwischen der Führungskraft und den Mitarbeiter*innen.

Kooperativ oder demokratisch

  • Balance zwischen Aufgabenerfüllung und Zufriedenheit der Mitarbeiter*innen.
  • Die Mitarbeiter*innen werden einbezogen und beteiligt.
  • Partnerschaftlicher Umgangston
  • Kommunikation hat einen hohen Stellenwert.

Laisser-faire

  • keine direktiven Eingriffe durch die Führungskraft
  • Ausschließlich mitarbeiter*innenorientiert – die Selbstentfaltung der Mitarbeitenden steht im Vordergrund
  • Grundsatz: Alle sind gleich
  • Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel findet kaum statt
  • Entscheidungen werden nicht forciert
  • Die Führungskraft nimmt ihre Leitungsrolle nicht wahr

Der Führungsstil entsteht im Spannungsfeld von Aufgaben- und Mitarbeiter*innen-Orientierung. Der autoritäre Führungsstil hat vor allem die Aufgabenerfüllung/Zielerreichung im Blick und vernachlässigt die Mitarbeiter*innen-Orientierung. Im Krisenfall (z.B. Feuerwehreinsatz) ist das der angemessene Führungsstil.

Beim Laisser-faire steht die Mitarbeiter*innen-Zufriedenheit an erster Stelle und die Aufgabenerfüllung gerät in den Hintergrund.

Der kooperative Führungsstil hält die Balance zwischen beidem und ist somit am funktionalsten und im Weltladen am angebrachtesten. Im Weltladen besteht unter Umständen die Gefahr, dass die Mitarbeiter*innen-Orientierung zum einzigen Kriterium wird und die Aufgabenerfüllung vernachlässigt wird. Gibt es wenig Akzeptanz gegenüber der Führung in der Gruppe, wird die Führungskraft sich eher nicht trauen, die Leitungsrolle einzunehmen und einen Laisser-faire-Stil pflegen.

Die meisten Führungskräfte werden den kooperativen Führungsstil für sich in Anspruch nehmen, auch weil er sozial erwünscht ist. Unter Stress und großem Druck gerät dieser Anspruch allerdings meistens ins Wanken und es wird eher auf autoritäres Führungsverhalten zurückgegriffen.

Führungsaufgaben

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Ziele setzen

Im Gegensatz zu hierarchischen Organisationen werden im Weltladen die Ziele eher gemeinsam mit den Mitarbeitenden festgelegt. Manche strategischen Ziele werden evtl. vom Vorstand oder der Mitgliederversammlung definiert. Je mehr die Mitarbeiter*innen allerdings bei der Zieldefinition beteiligt sind und mit den Zielen einverstanden sind, desto mehr werden sie sich für ihre Erreichung einsetzen.

Aufgaben planen

Auch die Aufgaben/Maßnahmen werden gemeinsam geplant. Hier wird festgelegt, "Was" getan werden soll – aber nicht "Wie" und "Was" bis "Wann" erreicht werden soll. Ein Aufgabenspeicher, die Festlegung von Meilensteinen und eine Zeitleiste sind geeignete Planunginstrumente.

Delegieren/Entscheiden

Die Delegation legt fest, wem welche Aufgaben übertragen werden. Mitarbeiter*innen sollten für ihren Arbeitsbereich Entscheidungsbefugnisse haben und so selbstverantwortlich handeln können.

Kontrollieren

Die Kontrolle, ob die geplanten Aufgaben erledigt, die Fristen eingehalten und die Ziele erreicht werden, liegt bei der Leitung. Sie muss den Fortgang des Prozesses überwachen. Dazu können bei Planungstreffen immer wieder Zwischenbilanzen gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen gezogen werden.

Rückmeldung geben

Die Rückmeldung an die Mitarbeitenden ist eine Aufgabe der Personalführung. Die Rückmeldung zum Erfolg/Misserfolg eines Arbeitsbereichs oder Projekts kommt von den Stakeholdern (Anspruchsgruppen wie Kund*innen, Teilnehmer*innen an Bildungsangeboten etc.) Darüber hinaus können Vorstand, Leitung, Kolleg*innen außerhalb der Arbeitsgruppe eine Rückmeldung geben.

Kommunikation

Die wichtigste Führungsfähigkeit und Führungsaufgabe ist Kommunikation. Information und Kommunikation beanspruchen ca. 80 % des Zeitbudgets einer Führungskraft.

Die Aufgaben der Mitarbeiter*innenführung sind:

  • Kommunikationsprozesse steuern und gestalten
  • Informationsfluss gewährleisten
  • Besprechungen leiten
  • Mitarbeit ermöglichen
  • Aufgabenbereiche und Abläufe koordinieren
  • Aufgaben delegieren
  • Mitarbeitende einarbeiten und anleiten
  • Feedback geben (Anerkennung und Kritik)
  • Zielerreichung kontrollieren

Quelle

DEAB – Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg e.V. (2010): QualiFair Aufbaukurs Weltladen. Qualifikation für Fach- und Führungskräfte im Fairen Handel. Modul “Personalführung im Weltladen” (Birgit Lieber), nach: Jäger, Roland (2004): Kompetent führen in Zeiten des Wandels. Führungsinstrumente für die tägliche Praxis; Sprenger, Reinhard K. (2010): Mythos Motivation. Wege aus einer Sackgasse; Kratz, Hans J. (1999): Delegieren – aber wie?; Sprenger, Reinhard K. (2007): Das Prinzip Selbstverantwortung. Wege zur Motivation; Grimm, Hubert / Vollmer, Günther (2009): Personalführung. Führungswissen für kleine und mittlere Unternehmen.

Quelle: Wiki-Artikel „Personalführung“ von Weltladen-Dachverband e.V. unter einer CC BY 4.0-Lizenz

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