Weltladen Marburg schreibt Bildung groß
Doreen, stell doch euren Laden bitte kurz vor.
Kurz ist etwas schwierig. Es gibt uns seit 1980. Besonders bekannt ist natürlich das Geschäft, welches von der Ladengruppe am Laufen gehalten wird. Die Bildungsgruppe êpa! hat die außerschulische Bildungsarbeit zum Schwerpunkt. Die Veranstaltungsgruppe organisiert hauptsächlich Abendvorträge für Erwachsene, je eine Themenreihe im Sommer und im Winter. Die Bibliotheksgruppe kümmert sich um das Infozentrum Eine Welt, die Bibliothek neben unserem Geschäft. Außerdem gehört zum Verein noch eine Gruppe, die sich um unsere Partnerschaftsprojekte mit der FEM, einer Frauenrechtsorganisation in Nicaragua, und mit der Kaffee-Kooperative APROLMA in Honduras kümmert.
Neben ca. 80 bis 100 Ehrenamtlichen gehören zu unserem Verein insgesamt vier Hauptamtliche in Teilzeit: der Vereinskoordinator, der Ladenkoordinator, die Bildungsreferentin und die Fachpromotorin für Globales Lernen. Letztere arbeitet für das Entwicklungspolitische Netzwerk Hessen (EPN) und ist bei uns angedockt.
Euer Laden ist sehr aktiv in der Bildungsarbeit. Erzähl doch mal, was ihr da so macht und wie ihr das im Team verankert habt.
Unsere Bildungsgruppe nennt sich „Schul- und Bildungsprojekt êpa!“. Dabei ist „êpa!“ ein Ausruf im Brasilianischen, der zum Ausdruck bringt: „Hei, los geht’s“! Die Gruppe ist meines Wissens immer durch eine hauptamtliche Person begleitet worden. Das hat dem Ganzen schon früh eine gewisse Zugkraft gegeben. So sind wir bei einem großen Teil der Schulen in der Stadt und im Landkreis bekannt und erhalten viele Projektanfragen. Die Bildungsgruppe ist sehr fluide, da hier vor allem Studierende mitmachen. In den letzten Jahren kamen auch Berufstätige dazu. Ansprechperson für die Bildungsgruppe ist momentan Magdalena, die das ehrenamtlich übernimmt, zu Gruppentreffen einlädt und sie organisiert. Die Gruppentreffen haben immer ein Thema, z.B. eine Abendfortbildung wie Einführung in das Globale Lernen. Oder wir überarbeiten gemeinsam ein bestehendes Projekt. Wir diskutieren manchmal über weltpolitische Themen. Manchmal gehen wir auch einfach einen Kaffee trinken und tauschen uns persönlich aus.
Ich kümmere mich um die Planung, Finanzierung und Durchführung unserer Projekte, lerne dabei auch die Ehrenamtlichen an oder schaue, dass sie sich zutrauen, selbstständig Konzepte zu entwickeln oder Instagram-Posts zu gestalten.
Ihr habt auch eine Kooperation mit der Marburger GartenWerkStadt. Was ist das genau und wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Eines meiner Schwerpunktthemen als Bildungsreferentin ist Welternährung. Hier wurde ich auch sehr von der Fachpromotorin Anna Dobelmann unterstützt, die bei uns im Weltladen dabei ist. Hieraus hat sich die Kooperation mit der GartenWerkStadt entwickelt. Das ist ein Urban Gardening Projekt auf städtischem Gelände. Hier sind viele aktiv, die auch im Weltladen engagiert sind, daher haben wir viele Überschneidungen. Die GartenWerkStadt betrachtet das Thema Ernährung keinesfalls regional, sondern betont in ihren Ausstellungen die globale Rolle von Ernährungssouveränität, wie es die Bewegung La Via Campesina fordert. Sie bietet mit regenerativer Landwirtschaft eine Handlungsalternative zu industrieller Landwirtschaft.
Das hört sich spannend an! Wie viele Bildungseinsätze habt ihr denn so im Jahr?
Wir führen pro Jahr 30 bis 40 „einfache“ Bildungsangebote durch. Dazu kommen etwa 4 Nachmittagsangebote, die über ein halbes Schuljahr wöchentlich laufen. Außerdem kümmern wir uns einmal im Jahr um eine (Leih-)Ausstellung und zeigen sie an verschiedenen Orten, meist noch mit Begleitmaterial. Wir entwickeln jährlich eine Familienpapiertüte mit Wimmelbild zum Ausmalen (für Aktionsstände), eine Kinderzeitung für Grundschulen und auch neue Konzepte für die Bildungsarbeit sowie unsere Vereinszeitschrift „Weltsicht“. Alle zwei Jahre geben wir ein Konzeptheft mit Methoden zu einem Thema heraus, 2025 wird das Regenwald sein.
Die Veranstaltungsreihen für Erwachsene, die auch zur Bildungsarbeit gehören, werden durch die Veranstaltungsgruppe organisiert. Das ist nochmal ein eigenes Konzept.
Was würdest du sagen, ist derzeit eure größte Herausforderung? Und worauf seid ihr besonders stolz?
Unsere größte Stärke ist unsere stabile Infrastruktur, die sich aus der langjährigen hauptamtlichen Begleitung und der starken Einbindung in den Verein ergibt. Grundsätzlich profitieren wir von unserer Lage hier am Marktplatz und von dem Wohlwollen der Stadt im Ganzen. Wir meistern daher viele Herausforderungen. Gleichzeitig hängt die Hauptamtlichkeit an öffentlichen Geldern und das ist dann eben auch unsere Schwachstelle, denn damit kann sehr viel stehen oder fallen.
Ich denke, wir können besonders stolz darauf sein, dass wir insgesamt einen starken Verein haben. Jede Arbeitsgruppe hat hier ihren Platz und ihre Aufgabe. So gibt es auch ein Miteinander auf Augenhöhe und ein starkes Engagement.