Weltladen Oberursel – Viel Platz für faire Produkte
Für diese Folge unserer Reihe haben wir mit Ulrike Backhaus, der Ladenkoordinatorin vom Weltladen Oberursel, gesprochen.
Stell doch bitte dich und euren Laden einmal kurz vor.
2008 haben die Mitglieder des Eine-Welt-Vereins Oberursel den Entschluss gefasst, ihren Marktstand durch einen „richtigen“ Laden zu ersetzen. Unser erstes Ladenlokal, in viel Eigenarbeit eingerichtet, war nur 35 qm groß. Die Fläche konnten wir 5 Jahre später durch die zusätzliche Anmietung eines gegenüberliegenden Ladenlokals auf 60 qm erweitern. Im gleichen Jahr hat der Verein die Stelle einer Ladenkoordinatorin einrichten.
Mit der wachsenden Bekanntheit des Ladens konnten wir außerdem die Anzahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen steigern. Zurzeit arbeiten im Laden 28 Kolleg*innen mit und 6 Personen engagieren sich ausschließlich in der Bildungsgruppe. Da sich im Laufe der Zeit einige Kolleg*innen alters- oder coronabedingt zurückgezogen haben, hat der Verein vor nun drei Jahren zum ersten Mal eine FÖJ-Stelle ausgeschrieben. Die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten im Weltladen und in der Bildungsarbeit hat bei uns in Oberursel viele positive Entwicklungen gehabt. Es macht Spaß, mit den jungen Menschen zusammen zu arbeiten, da man voneinander lernen kann. Es entstehen neue Ideen und es kommen mehr junge Kund*innen in den Laden.
Ihr seid mit eurem Laden vor kurzem umgezogen. Was war dafür der Anlass?
Mit den Jahren hat sich der Weltladen immer mehr in der Stadt Oberursel etabliert und das Angebot an fair gehandelten Produkten ständig ausgeweitet, besonders beim Kunsthandwerk. Damit wurde deutlich: „Wir brauchen einen größeren Laden.“. Pläne zur weiteren Vergrößerung gab es schon seit 2019. Ein Gebäude für ein geeignetes Ladenlokal stand seitdem zur Diskussion. Die Planungen haben sich aber immer wieder verzögert, weil das alte Gebäude umgebaut werden musste und neben dem Eine-Welt-Verein auch die Stadt Oberursel, der Kulturverein Windrose und die katholische Kirche beteiligt waren.
Ihr habt euch mit dem Umzug erheblich vergrößert, von vorher 60 auf jetzt 100 qm. Wie nutzt ihr die zusätzliche Fläche?
Wir haben sowohl die Auswahl beim Kunsthandwerk wie bei den Lebensmitteln vergrößert. Wichtig ist für uns, dass wir die Produkte nun viel besser und schöner präsentieren können. Im alten Laden war alles sehr dicht gedrängt und unübersichtlich. Jetzt bieten die großen Schaufenster viel Fläche für eine ansprechende Dekoration und einen guten Blick in den Laden. Wir können die einzelnen Sortimentsgruppen besser voneinander abgrenzen. Durch die Farbgestaltung des Ladens ist es uns gut gelungen, dass es trotzdem einheitlich wirkt. Die offenen Flächen bieten jetzt viel Platz für unsere Kundschaft. Wir können den freien Platz mit verschiebbaren Regalen (Gondeln) einfach je nach Bedarf umgestalten, ohne den Eindruck zu vermitteln, alles ist zugestellt. Neben dem größeren Ladenlokal haben wir jetzt im Obergeschoss über dem Laden einen Büroraum und einen Seminarraum, den wir für die Treffen der Gremien und für kleinere Fortbildungsangebote nutzen können. Wir empfinden es als Vorteil, dass nun endlich alle benötigten Unterlagen, Info- und Arbeitsmaterialien, an einer Stelle zu finden sind. Die Bildungsgruppe hat sich hier einen Büroarbeitsplatz eingerichtet.
Wie habt ihr es geschafft, den Umzug zu finanzieren? Habt ihr hier Tipps für andere Weltläden, die ähnliches vorhaben?
Wir haben zwei Mal an einem lokalen Crowdfunding-Projekt teilgenommen, 2019 für ein neues Kassensystem und 2022 für Möbel für den neuen Laden. Hinzu kamen private Spenden und zinslose Privatkredite, die peu à peu zurückgezahlt werden. Außerdem haben wir eine beträchtliche Förderung (10.000 Euro) von einer regionalen Sparkassenstiftung erhalten.
Was war für euch die größte Herausforderung bei der Vorbereitung des Umzugs?
Die Planungen, ob unser Projekt „ein neuer Weltladen für Oberursel“ zustande käme, haben sich über mehr als drei Jahre hingezogen. Das war manchmal sehr demotivierend. Der Altstadtkomplex, in den wir eingezogen sind, musste erst komplett saniert und dabei die Anliegen der verschiedenen künftigen Nutzer unter einen Hut gebracht werden. Immer neue amtliche Auflagen, neue Planungen für den Gebäudekomplex und die nicht vorhersehbaren Regeln in der Coronazeit gaben uns zeitweise das Gefühl, mehr Schritte rückwärts als vorwärts zu machen. Der Umbau selbst hat sich über mehr als ein Jahr hingezogen, das war eine sehr schwierige Phase mit enormem Arbeits- und Abstimmungsaufwand (mit den Vermietern, dem Architekten, Handwerkern und Ladenbauern). Kund*innen und Mitarbeiter*innen mussten in dieser Zeit „bei der Stange gehalten werden“, das bedeutete viel Kommunikations- und Erklärungsbedarf.
Jetzt, nach drei Monaten im neuen Weltladen Oberursel, sind wir sicher, dass sich alle diese Anstrengungen gelohnt haben. Wir bekommen viele Rückmeldungen von der Kundschaft, wie schön und großzügig der neue Laden ist, dass er eine tolle Atmosphäre hat und dass sie gerne zum Einkaufen hierherkommen. Die einhellige Meinung unter den Mitarbeiter*innen ist: „Wir fühlen uns hier wohl. Und wir können die Ideen des fairen Handels hier noch viel besser umsetzen.“