![Weltladen Prag](/site/assets/files/13348/fairbio_innenansicht_5_1.1200x675.jpg)
Ein Weltladen in Prag
Welchen Stellenwert haben der Faire Handel und die Weltläden in Tschechien?
Der Faire Handel ist weit weniger bekannt als in westeuropäischen Ländern. Überall im Land gibt es zwar Geschäfte, Cafés und Supermärkte, die vereinzelt fair gehandelte Produkte anbieten. Aber kaum einer führt ein hundertprozentiges Fair-Handels- Sortiment. Noch vor ein paar Jahren war das anders. Da gab es allein in Prag fünf Weltläden und weitere in anderen Städten. Leider haben sich diese nicht halten können oder sind auf Online-Shops umgestiegen.
Beschreiben Sie Ihren Weltladen „Fair & Bio“.
Wir bieten ausschließlich fair gehandelte Produkte an, verkaufen Coffee to go aus dem sozialen Unternehmen „Fair & Bio-Rösterei“ und beschäftigen Menschen mit psychischen oder seelischen Erkrankungen, die auf dem offenen Arbeitsmarkt wenig Chancen haben, etwas Passendes für sich und ihre Lebenssituation zu finden. Unterstützt durch ein modernes und helles Design schaffen wir in unserem Laden eine offene, auch für Tourist*innen zugängliche, Atmosphäre. Unser Motto lautet: Mit jedem Einkauf verändern wir die Welt. Wenn Sie auch davon überzeugt sind, sind Sie bei uns richtig.
Wer kauft bei Ihnen ein?
Wir haben eine ganze Reihe Kund*innen, die ihren Beitrag zu einer besseren Welt leisten wollen und uns seit Jahren die Treue halten. Sie kaufen zumeist Lebensmittel. Daneben gibt es Laufkundschaft, die etwas Außergewöhnliches für sich oder als Geschenk sucht, wie Kunsthandwerk, Schmuck oder Dekoartikel. Dazu stoßen Tourist*innen aus den umliegenden Hotels zu uns, die den Fairen Handel gut kennen oder zufällig vorbeikommen.
Welche Produkte werden im Weltladen verkauft?
Unser Sortiment ist vergleichbar mit dem eines deutschen Weltladens. Das Wichtigste in unserem Sortiment ist der „Fair & Bio-Kaffee“. Er stammt aus der gleichnamigen Rösterei, die ihn seit gut fünf Jahren 25 Kilometer nördlich von Prag produziert. Diese hat nicht nur hervorragenden Kaffee, sondern unterstützt Menschen mit körperlichen und mentalen Beeinträchtigungen.
Was sind die größten Herausforderungen für den Weltladen?
Auch nach zehn Jahren sind wir weiterhin auf den institutionellen und finanziellen Rückhalt unserer Trägerorganisation, der „Ökumenischen Akademie“, angewiesen. Zudem kaufen viele Tschech*innen vermehrt im Internet ein. Das macht sich auch bei uns bemerkbar. Auch führen Organisationen wie die unsere unter der aktuellen Regierung von Andrej Babiš einen echten Überlebenskampf. Fördermöglichkeiten verschlechtern sich zunehmend. Wir können kaum Informationsmaterialien herstellen und müssen Einladungen zu Vorträgen absagen. Unsere Aktivitäten rund um unseren Weltladen sind gerade erheblich eingeschränkt.
Trotz allem ist der Weltladen weiterhin geöffnet. Was ist das Geheimnis?
Unsere zahlreichen Aktivitäten, wie das „Faire Marktfrühstück“, Ausstellungen oder Kooperationen mit fairen Städten, Schulen und Kirchen haben uns in den vergangenen Jahren bekannter gemacht. Zudem legen wir neben dem Verkauf großen Wert darauf, die Kundschaft umfassend und fundiert über den Fairen Handel zu informieren – sei es durch Gespräche, ausliegende Broschüren oder unsere Aktivitäten in den sozialen Netzwerken. Damit versuchen wir, die Kund*innen vom Fairen Handel zu überzeugen und an uns zu binden.
Das Interview führte Katja Voss (Freie Mitarbeiterin).
ZUR PERSON
Die Deutsche Daniela Honigmann leitet seit 2012 den Prager Weltladen „Fair & Bio“. Dort erfreut sie sich besonders an der Vielfalt der Tätigkeiten, am Kontakt mit Kund*innen und der Möglichkeit, ihr Tschechisch zu praktizieren.
www.obchodfairbio.cz