Grundvoraussetzungen für Bildungsarbeit im Weltladen
Weltläden, die sich auf den Weg machen Bildungsarbeit im Weltladen anzubieten, brauchen neben dem Willen noch einiges mehr. Welche Aspekte sollten Weltläden im Blick haben, um Bildungsarbeit durchzuführen?
Menschen
Zunächst werden eine oder mehrere Personen gebraucht, die Bildungsarbeit im Weltladen wichtig finden und bereit sind, einen Prozess im Weltladen anzustoßen und gegebenenfalls zu begleiten. Darüber hinaus werden eine oder mehrere Personen benötigt, die Bildungsarbeit durchführen möchten. Möglich wäre auch, jemanden von extern mit entsprechenden Kenntnissen und Erfahrungen zu gewinnen, der diesen Arbeitsbereich ehrenamtlich oder gegen ein Honorar gestaltet. Innerhalb des Ladenteams muss geklärt werden, wer bereit und in der Lage ist, Fragen einer Schüler*innengruppe zu beantworten und wer sich in das Ausleihsystem und die Materialien der Bildungssäule (oder anderer Angebote) einarbeitet und die Kundschaft dazu berät. Es wäre wünschenswert, wenn dazu möglichst Viele aus dem Ladenteam bereit wären. Weitere Bildungsangebote führen ausgewählte Mitarbeitende durch, die sich dafür entsprechend schulen (lassen). Es ist ratsam, dass die Bildungsarbeit vom gesamten Ladenteam und Vorstand getragen und unterstützt wird, unabhängig davon, wer sie letztendlich durchführt. Das erleichtert es die Bildungsarbeit zu starten und zu stärken.
Zeit
Bildungsarbeit benötigt Zeit – und Zeit ist häufig ein knappes Gut im Weltladen. Eine Klärung über die Ausrichtung der Bildungsarbeit sollte sowohl im Vorstand als auch im Ladenteam stattfinden. Weltläden sollten entscheiden, zu welchem Zeitpunkt ein solcher Klärungsprozess idealerweise stattfinden kann. Wahrscheinlich werden mehrere Treffen dafür benötigt. Wenn die Rahmenbedingungen geklärt sind, kann die detaillierte Ausarbeitung von einzelnen Personen oder einer Bildungsgruppe vorgenommen werden. Die Mitarbeitenden, die verschiedene Angebote unterstützen (Ausleihe, Standard-Angebote, etc.), benötigen dafür eine entsprechende Schulung. Diese kann intern durchgeführt werden oder sie nehmen an regionalen oder überregionalen Fortbildungsveranstaltungen teil, insbesondere dann, wenn sie Bildungsangebote wie den Erkundungszirkel Fair-flixt! durchführen möchten. Zur Unterstützung kann die Fair-Handels-Beratung (FHB) angefragt werden – oder, falls es in der Region keine gibt, der Weltladen-Dachverband e.V.
Finanzielle Mittel
Die Anschaffung von Bildungsmaterialien und die Bezahlung von Honoraren für die Durchführung von Bildungsangeboten können über verschiedene Organisationen bzw. Institutionen finanziert werden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten die Bildungsarbeit zu finanzieren. Auch hier werden also ein oder mehrere Personen benötigt, die die Finanzierung für die Bildungsprojekte beantragen. Sie müssen sich in das Antragswesen einarbeiten, die Buchführung übernehmen und einen Abschlussbericht schreiben. Für „kleine Anträge“ sind die Anforderungen deutlich geringer bei den jeweiligen Geldgebern. Auch für diesen Bereich gibt es die Möglichkeit, an Fortbildungen teilzunehmen.
Platz
Der Platz im Weltladen will gut genutzt sein. Gerade wenn ein Ausleihsystem von Bildungsmaterialien etabliert werden soll, ist es sinnvoll, dass das Serviceregal Bildungssäule bzw. andere oder weitere Materialien im Verkaufsraum zugänglich sind. So können Kund*innen auch beim Einkaufen darin herumstöbern und werden zur Ausleihe angeregt. Der Weltladen muss also besprechen, wo Raum dafür geschaffen werden kann. Sollen Schulklassen oder andere Gruppen in den Weltladen eingeladen werden, bleibt zu überlegen, wie viele Personen sinnvollerweise gleichzeitig im Laden sein können, ohne dass dieser „aus allen Nähten“ platzt. Wenn eine Gruppe geteilt werden muss, kann der eine Teil zum Beispiel zur Recherche über ein bestimmtes Produkt in einen Supermarkt in der Nähe gehen oder eine zum Thema passende Befragung mit Menschen auf der Straßen durchführen, während der andere Teil eine Einheit im Weltladen hat. Vielleicht sind Besuche nur außerhalb der Ladenöffnungszeiten möglich oder es gibt regelmäßige „Flauten“ im Tages- oder Wochenverlauf, die für einen solchen Besuch genutzt werden können. Der Weltladen trifft die Entscheidung, wann Besuche im Weltladen möglich sind und wann nicht.
Vernetzung
Weltläden sind häufig gut vernetzt. Manche Mitarbeitende engagieren sich in weiteren Projekten und Initiativen. Diese sind ein wertvolles Potential für Kooperationsmöglichkeiten. Abhängig von der Zielsetzung ist zu überlegen, zu wem der Weltladen Kontakt aufbauen oder ausbauen möchte. Da Verbindungen häufig durch persönliche Beziehungen beginnen und gefestigt werden, ist es sinnvoll, gemeinsam zu überlegen, wer wen kennt und ansprechen kann, damit sich Türen leichter öffnen.
Bildungsgruppen gründen
Wenn der Bildungsarbeit einen größeren Stellenwert beigemessen und sie dauerhaft etabliert werden soll, empfiehlt es sich, eine Bildungsgruppe zu gründen. Dafür benötigt es eine Person, die die Koordination dieser Gruppe übernimmt und über die notwendigen Kapazitäten (Zeit, Erfahrung) verfügt. Falls sich noch nicht genügend Personen gefunden haben, kann der Weltladen einen kleinen Flyer zur Werbung zusammenstellen, der einen oder mehrere Termine für ein offenes Vorstellungstreffen ankündigt. Im Flyer können bereits inhaltlich auf die Aufgaben und Ziele der Bildungsgruppe eingegangen werden. Bei dem Vorstellungstreffen – wie auch bei den zukünftigen Treffen der Bildungsgruppe – bietet es sich an, methodisch abwechslungsreich und interaktiv zu arbeiten, so dass die Treffen einen „Vorbildcharakter“ für die Bildungsarbeit haben. Es sollte ein Rhythmus für die Treffen festgelegt werden, zum Beispiel jeden ersten Dienstag im Monat von 18 bis 20.30 Uhr. Damit die Teilnehmenden sich wohl fühlen und gerne zu den Treffen kommen, sollte der Weltladen
- ....eine gemeinsame Vision entwickeln und daraus Ziele und Aufgaben ableiten.
- ...einen gemütlichen Rahmen schaffen (Getränke bereitstellen, vielleicht mal ein neues Produkt aus dem Weltladen probieren, …).
- ...vorher das Ziel für das Treffen ankündigen, zum Beispiel eine praktische Einführung in die Weltladenerkundung oder die Planung eines Projekttages zu Kakao für die 7.–8. Klasse.
- ...klar formulieren, was von den Teilnehmenden der Bildungsgruppe gewünscht wird. Dies kann zum Beispiel deren zeitliche Kapazitäten oder die Erarbeitung spezieller Themen betreffen.
- ...den Teilnehmenden Partizipationsmöglichkeiten einräumen, indem sie sich Themen und Referent*innen wünschen oder selbst ein Treffen vorbereiten und gestalten können.
- ...Reflexionsmöglichkeiten und Austausch über die Bildungsarbeit bieten, zum Beispiel darüber, was besonders gut gelungen ist oder wo sich jemand unwohl bzw. überfordert gefühlt hat und gemeinsam nach Erfolgsfaktoren beziehungsweise Lösungsmöglichkeiten suchen.
Vielleicht sind für die speziellen Gegebenheiten weitere Aspekte zu beachten. Dann sollten Weltläden diese entsprechend ergänzen.
Stand: Dezember 2020
Quelle
Weltladen-Dachverband (2018): Warum wissen meine Eltern das eigentlich nicht\?