Bildungsveranstaltung planen und umsetzen
Um eine Bildungsveranstaltung zu planen und umzusetzen, sollten viele Aspekte berücksichtigt werden. Zunächst muss das Thema einer Bildungsveranstaltung gefunden und entsprechend der Zielgruppe aufbereitet werden. Anschließend erfolgen die nächsten Schritte bei der Planung und Umsetzung einer Bildungsveranstaltung. Die folgenden Beschreibungen beziehen sich auf Veranstaltungen, die im realen Raum mit persönlichen Kontakten stattfinden (Präsenz-Formate).
Für die Planung, Gestaltung und Umsetzung von Online-Seminaren gibt es viele weitere Aspekte zu beachten, die in einem gesonderten Artikel beschrieben werden.
Phasen einer Bildungsveranstaltung
Dieses Phasenmodell unterstützt Weltläden bei der Entwicklung der eigenen Bildungs-Dramaturgie. Für die jeweilige Phase gibt es eine Vielzahl methodischer Möglichkeiten. Um eine Methode auszuwählen, sollte der Weltladen überlegen,
- was für das Thema geeignet ist,
- woran die Zielgruppe Spaß hat,
- welche Methode dem Weltladen selbst liegt und
- wie die Methode in den Gesamtablauf passt, so dass die Bildungseinheit abwechslungsreich gestaltet ist.
Sensibilisierungsphase (Begrüßung und Einstieg)
Der Weltladen sollte überlegen, wie die Teilnehmenden begrüßt werden sollen. Weckt die Raumgestaltung bereits deren Neugierde? Der Weltladen als Veranstalter sollte sich überlegen, wie er sich selbst vorstellen möchte. Wenn der*die Bildungsreferent*in über die eigene Funktion (Mitarbeiter*in im Weltladen, …) hinaus etwas Persönliches erzählt (Motivation, Anekdote, Faszination an diesem Thema), erleben die Teilnehmenden diese als Person. Das erhöht die Bereitschaft, sich selbst ebenfalls mitzuteilen. Es ist immer ratsam die Teilnehmenden gleich zu Beginn mit einzubeziehen. Dies kann in Form einer Vorstellungsrunde, einem Spiel oder einem Lied gelingen. Ferner sollte an die Lebenswelt der Teilnehmenden angeknüpft und das Vorwissen erfragt werden. Hier gibt es ausformulierte, beispielhafte Methoden zum Kennenlernen und thematischen Einstieg.
Informationsphase (Informations- und Wissensvermittlung)
In der Vorbereitung muss der Weltladen eine Entscheidung treffen, welche Inhalte vermittelt werden sollen beziehungsweise wie die Teilnehmenden sie sich selbst erarbeiten können. Dabei hilft die Formulierung der wichtigsten Aussagen. Es ist notwendig, die Komplexität des Themas für die Zielgruppe angemessen zu reduzieren. Welche Fragen hat der Weltladen an die Teilnehmenden? Wie möchte der Weltladen das Wissen vermitteln? Welche Kompetenzen sollen die Teilnehmenden erwerben? Lernstationen eignen sich beispielsweise zur selbständigen Erarbeitung von Themen. Der Weltladen kann aber auch einen Input gestalten, mit
- einem Referat oder Vortrag,
- einem Film oder einer Power-Point-Präsentation,
- Plakaten, Bildern, Fotos, Karikaturen,
- einem Hörbeitrag.
Der Weltladen sollte sich überlegen, wie sich die Teilnehmenden beteiligen können, zum Beispiel indem zwischendurch ihre Meinung zu einer der Aussagen erfragt wird (Daumen hoch = Zustimmung, Daumen Mitte = weiß nicht, Daumen unten = andere Meinung). Dann kann der Weltladen einzelne Statements einholen und anschließend mit den Inhalten fortfahren. Hier gibt es ausformulierte, beispielhafte Methoden zum Informieren und Wissen vermitteln.
Reflexionsphase (Diskussion und Reflexion)
In dieser Phase geht es um die Hinterfragung der Meinung und Haltung der Teilnehmenden, wofür diese zum Denken angeregt werden sollen. Durch das Nachspüren und Verarbeiten der Informationen bleiben die Inhalte besser „hängen“. Dafür können beispielsweise Murmelgruppen gebildet werden. 2 – 3 Teilnehmende sprechen über eine Situation oder Frage und bringen ihre Sichtweise dann in die Großgruppe ein. Ebenso wäre es möglich, Kleingruppen zu bilden und diese zu einer bestimmten Fragestellung szenische Standbilder entwickeln zu lassen. Die Teilnehmenden stellen mit ihren Körpern Begriffe, Gefühle oder Situationen in einem ton- und bewegungslosen Standbild dar. Die anderen Teilnehmenden betrachten in der Präsentationsphase die Szene und äußern, was sie sehen und darüber entfaltet sich eine Diskussion. Hier gibt es ausformulierte, beispielhafte Methoden zum Diskutieren und Reflektieren.
Aktivierungsphase (Handlungsoptionen)
In dieser Phase sollen die Teilnehmenden Handlungsoptionen entwickeln oder untereinander eine Auseinandersetzung über ihre eigenen und die Aktionsvorschläge des Weltladens führen. Das Ziel ist es Handlungsmotivation zu erzeugen und Zusammenhänge zum eigenen Leben zu finden. Eine Kernfrage für die Teilnehmendenen wäre beispielsweise: Wo betrifft mich das behandelte Thema persönlich? Es ist empfehlenswert Methoden auszuwählen, die die Kreativität der Teilnehmenden fördern, zum Beispiel ein Brainstorming oder die Frage: Was würde dein*e Fernsehheld*in jetzt machen? Gibt es die Möglichkeit, dass die Teilnehmenden über die Bildungsveranstaltung hinaus an der Umsetzung ihrer Ideen weiterarbeiten? Dann sollten entsprechende Absprachen mit der Lehrkraft beziehungsweise der Begleitperson getroffen werden. Der Weltladen sollte zudem überlegen, ob und gegebenenfalls wie die Gruppe begleitet und unterstützt werden kann. Hier gibt es ausformulierte, beispielhafte Methoden zum Erarbeiten von Handlungsoptionen.
Feedback/Auswertung
Auch bei kurzen Veranstaltungen ist ein Feedback wichtig. Dies kann in schriftlicher Form geschehen. Die Teilnehmenden werden gebeten auf festem Papier in Postkartengröße ein Bild zu gestalten, wie ihnen die Veranstaltung gefallen hat, oder aufzuschreiben, was neu für sie war. Dies kann sofort, im Anschluss oder auch im schulischen Kontext in einer anderen Unterrichtsstunde geschehen. Die Lehrkraft sendet die Postkarten gesammelt an den Weltladen. Verbale oder körperliche Ausdrucksformen sind natürlich ebenfalls möglich. Abgesehen von dieser Rückmeldung sollte der Weltladen auch an die eigene Auswertung und die der Begleitperson(en) denken. Hier gibt es ausformulierte, beispielhafte Methoden zur Auswertung und Feedback.
Ablaufplanung
Für eine detaillierte Ablaufplanung eignet sich die sogenannte ZIMM-Tabelle. Diese wurde um die erste und letzte Spalte ergänzt, da es wichtig ist, die Zeit im Blick zu haben. Und falls im Team gearbeitet wird, ist es wichtig zu wissen, wofür die einzelnen Personen Verantwortung tragen.
Raumgestaltung
Die Raumgestaltung ist ein wichtiges Element für eine Bildungsveranstaltung. Ein vorbereiterer Raum kann dazu beitragen, dass sich die Teilnehmenden willkommen fühlen. Es ist ratsam, den Raum bereits eine Weile vor Veranstaltungsbeginn herzurichten. Wie viel Zeit dafür benötigt wird, hängt von den Vorstellungen und den Voraussetzungen des Raumes ab. Vielleicht ist es außerdem notwendig den Raum zu lüften, die Temperatur zu regulieren oder eine Beschilderung zum Raum anzubringen. Wichtig ist es für den Weltladen als Veranstalter, im Vorfeld in Erfahrung zu bringen, wie ungestört (eventuell auch durch Lärm von außen) dort gearbeitet werden kann. Ferner sollte vorher geprüft werden, ob der zur Verfügung stehende Raum für die geplanten Methoden ausreichend ist. Die Anordnung der Sitzgelegenheiten in Kreisform ermöglicht eine gleichberechtigte Teilnahme aller und setzt die Referent*innen nicht so stark in den Vordergrund. Findet die Veranstaltung beispielsweise in einer Schule statt, kann das Auflösen der häufig recht starren Sitzordnung schon eine offenere Atmosphäre erzeugen. Im Raum kann eine Komposition nach den individuellen Bedürfnissen des Veranstalters vorgenommen werden. Vielleicht werden die Materialien so angeordnet, dass sie als roter Faden dienen. Die Neugierde der Teilnehmenden wird weckt, wenn sie etwas entdecken oder anfassen können, dass erstmal unbekannt und vielleicht sogar geheimnisvoll erscheint.
Evaluation
In der Evaluation der Bildungsveranstaltung sollten verschiedene Aspekte in den Blick genommen werden. Folgende Fragen bieten kleine Anregungen für eine Fokussierung der Evaluation: • In welchen zeitlichen Abständen werden die Kernaussagen zum Thema überprüft? • Wurde die Bildungsarbeit unter einem rassismuskritischen Blickwinkel betrachtet? • Ist die Bildungsarbeit inklusiv? Wer kann nicht so gut daran teilnehmen? • Wie fließen Feedbacks von Teilnehmenden und Begleitpersonen in die zukünftige Planung ein?
Stand: Dezember 2020
Quelle
Weltladen-Dachverband (2018): Warum wissen meine Eltern das eigentlich nicht\?