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Qualitätskriterien in der Bildungsarbeit

Ein wichtiges Anliegen der Bildungsaktiven ist es, „gute Bildungsarbeit“ durchzuführen. In der Vorbereitung, Gestaltung und Auswertung steckt oft sehr viel Engagement. Doch wie kommen Weltläden zu der Einschätzung, ob ihre Arbeit „gut“ ist? Worauf bezieht sich das „Gut“ ganz konkret? Der Eindruck, es sei gut beziehungsweise nicht so gut gelaufen, scheint mehr intuitiv zu sein. Vielleicht bezieht sich dieses Gefühl auf die Erfüllung der eigenen Erwartungen (die der Weltladen im Einzelnen vielleicht auch nicht so dezidiert benennen kann) oder auf wertschätzende Rückmeldungen der Teilnehmenden. Es kann sich auch auf die positive Stimmung beziehen, die während der Veranstaltung geherrscht hat. Und wahrscheinlich gibt es viele weitere Aspekte, die zur eigenen Einschätzung führen.

Um die Bewertung transparenter zu gestalten und dadurch Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten zu erhalten, lohnt sich die Auseinandersetzung mit Qualitätskriterien für die Bildungsarbeit. In den vergangenen Jahren sind verschiedene Publikationen von Wissenschaftler*innen und von Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen zur Qualität von Bildungsarbeit erschienen. Die dort formulierten Anregungen können Weltläden für die Bildungsarbeit nutzen und so die „Qualität“ der eigenen Angebote verbessern, unabhängig davon, ob es sich um einen 45-Minuten-Besuch einer Gruppe im Weltladen oder um die Projektwoche an einer Schule handelt.

Qualitätskriterien können auf nachfolgendene Aspekte angewendet werden:

  • Vorbereitung
  • Zielklarheit
  • Planung und Vorbereitung einer (Selbst-)Evaluation
  • Didaktik und Methodik
  • Inhaltliche Kriterien
  • Rahmen
  • Referent*in

Diese Kriterien liefern eine praxisunterstützende Hilfestellung, um die Ziele in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit bestmöglich zu erreichen – bei der Konzeption, der Durchführung und der Bewertung der Arbeit. So ist eine prozesshafte Verbesserung gut möglich, wenn die Qualitätskriterien als eine Art Leitlinie gehandhabt werden. Es geht jedoch nicht darum, in allen Bildungsveranstaltungen jedes Kriterium hundertprozentig zu erfüllen, denn ein solcher Anspruch wäre überfrachtend. Diese umfangreiche Frageliste soll vielmehr Weltläden anregen, immer mal wieder genauer über einzelne Aspekte nachzudenken und sie motivieren, unter Umständen Veränderungen in der eigenen Arbeit vorzunehmen.

Vorbereitung

Die Kriterien der Vorbereitung beziehen sich auf alles, was vor einer Veranstaltung zu beachten ist, wie zum Beispiel alle organisatorischen Dinge (Raumfrage, Finanzierung,...) und Inhaltliches wie die Analyse der Zielgruppe. Wichtige Fragen können hier sein:

  • Was wissen wir über die Zielgruppe?
  • Gibt es bei den Teilnehmenden einen Bedarf für unser Angebot?
  • Welche Interessen, Vorerfahrungen, Erwartungen haben die Teilnehmenden?
  • Inwieweit kann das Bildungsangebot an die Lebenswelten der Teilnehmenden anknüpfen?

Zielklarheit

Die Zielklarheit äußert sich in konkret benannten Lernzielen, die sich auf Wissensinhalte, Kompetenzen und Erfahrungen beziehen können. Zum Beispiel:

  • Die Teilnehmenden erwerben die Kompetenz, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
  • Die Teilnehmenden lernen ein wichtiges Produkt des Fairen Handels kennen.
  • Die Teilnehmenden werden angeregt, Handlungsoptionen zu entwickeln.
  • Bei den Teilnehmenden entsteht ein Problembewusstsein für die Produktionsbedingungen in der Textilindustrie.

Der Weltladen sollte sich darüber bewusst sein, welche Lernziele er mit dem Bildungsangebot verfolgt. Was möchte der Weltladen mit seiner Veranstaltung bei den Teilnehmenden bewirken? Was soll sich bestenfalls bei den Teilnehmenden ändern, was werden sie gegebenenfalls mitnehmen?

Planung und Vorbereitung einer (Selbst-)evaluation

Eine Planung und Vorbereitung einer (Selbst-)Evaluation wird bereits in der Konzeption einer Bildungsmaßnahme bedacht. Wichtige Fragen können hier sein:

  • Passt die Erhebungsmethode der Evaluation zum Rahmen der Veranstaltung (Gruppe, Zeitrahmen)?
  • Helfen die Rückmeldungen zur Weiterentwicklung der Bildungsarbeit?
  • Fließen die Anregungen in die folgenden Bildungsangebote ein?
  • Anhand welcher Kriterien möchte der Weltladen seine Bildungsarbeit bewerten?

Didaktik und Methodik

Die Didaktik bezieht sich auf die Frage nach dem „Was“, also welches Thema veranschaulicht das Lernziel am besten? Der Weltladen trifft eine Entscheidung für ein Beispiel an dem das gewählte Thema (Fairer Handel) veranschaulicht wird. So können beispielsweise ein Produkt, Projekt oder Land aber auch bestimmte Aspekte wie Frieden, Armut oder Flucht herangezogen werden. Mit diesem Vorgang wird ein komplexes Thema, wie der Faire Handel, auf einen sogenannten Lernhappen reduziert. Diese didaktische Reduktion bedeutet, die Inhalte so aufzubereiten, dass sie verständlich sind und die Komplexität der Zielgruppe angemessen ist. Methodik meint die Frage nach dem „Wie“, also wie stelle ich ein Thema dar? Wichtig in der Didaktik und Methodik sind die Teilnehmer*innenorientierung, die Methodenvielfalt, die Kompetenzorientierung und Partizipationsmöglichkeiten.

Teilnehmer*innenorientierung

Bei der Teilnehmer*innenorientierung sind folgende Fragen relevant:

  • Wird auf die Vorerfahrungen, Interessen und Kompetenzen der Teilnehmenden eingegangen?
  • Welche Möglichkeiten sind vorgesehen, damit die Teilnehmenden ihre Erfahrungen, Gefühle und Meinungen einbringen können?
  • Sind die Materialien und die Sprache altersgerecht, inklusiv und nicht-diskriminierend?

Methodenvielfalt

Die Methodenvielfalt ermöglicht ein Lernen auf kognitiver, affektiver und sozialer Ebene. Der Weltladen kann sich mit den folgenden Fragen auseinandersetzen:

  • Entspricht der Ablauf der Bildungsmaßnahme dem Aufbau der Lernphasen (Einstieg, Auseinandersetzung, Transfer, Abschluss)?
  • Können die Teilnehmenden in verschiedenen Gruppenzusammensetzungen arbeiten (Einzel-, Partner-, Kleingruppen-, Großgruppenarbeit)?
  • Werden unterschiedliche Lernformen berücksichtigt (auditiv, visuell, kinästhetisch)?

Kompetenzorientierung

Mit der Kompetenzorientierung sollen den Teilnehmenden Fähigkeiten vermittelt werden, die Menschen heute benötigen, um sich in der globalisierten Welt zurechtzufinden und um zukünftig mitgestalten zu können. Zu den zentralen Kompetenzzielen des Globalen Lernen gehören die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, zur Empathie und zum Umgang mit komplexer Widersprüchlichkeit sowie die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. Der Weltladen kann sich also fragen: Welche Kompetenzen der Teilnehmenden möchte der Weltalden durch das Bildungsangebot fördern?

Partizipation der Teilnehmenden

Die Partizipation ermöglicht die aktive Teilnahme am Lernprozess sowie ein selbstorganisiertes Lernen. Der Bildungsprozess ist so offen und flexibel gestaltet, dass inhaltliche und methodische Bedürfnisse und Wünsche der Teilnehmenden konstruktiv aufgegriffen werden können.

Inhaltliche Kriterien

Inhaltliche Kriterien beziehen sich auf Komplexität, Lebensweltbezug, Perspektivenwechsel, Thematisierung von Unsicherheit und „Nicht-Wissen“ und auf die Transparenz des eigenen Standpunktes. Generell beziehen sich die Inhalte der Bildungsangebote auf die Globalität und Heterogenität der Welt und orientieren sich am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Sie thematisieren die Wechselwirkungen zwischen globalen und lokalen Handlungen, Entwicklungen, Ideen und Entscheidungen.

Komplexität

Der Faire Handel wird in seiner Komplexität dargestellt, wobei auch Widersprüche diskutiert werden können. Werden vereinfachende Darstellungen zum Beispiel zur Kinderarbeit oder Preisbildung vermieden? Wird der Faire Handel als ein Aspekt möglicher Veränderungsstrategien dargestellt und nicht als einzige Lösung von Ungerechtigkeiten?

Lebensweltbezug

Der Lebensweltbezug möchte Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen dem Leben hier und anderswo aufzeigen, so dass sich die Teilnehmenden als Teil der globalen Gesellschaft erfahren können.

Perspektivwechsel

Der Perspektivwechsel ermöglicht unterschiedliche Sichtweisen auf ein Thema, um einem „Gut-Böse-Klischee“ entgegenzuwirken. Werden Interessenskonflikte benannt und reflektiert? Sind die Inhalte so aufbereitet, dass sie die Festigung oder Erzeugung stereotyper Bilder und vereinfachender Sichtweisen verhindern?

Unsicherheiten und "Nicht-Wissen"

Im Rahmen des Bildungsangebotes werden Unsicherheiten und „Nicht-Wissen“ in Bezug auf globale Phänomene und individuelle Entscheidungen und Handlungsoptionen thematisiert. Setzt sich das Bildungsangebot mit der Begrenztheit von Wissen auseinander? Stellt der Weltladen offene Fragen und Probleme tatsächlich als solche dar? Ist der Weltladen bereit, den eigenen Standpunkt transparent darzulegen. Wie stellt der Weltladen sich und die eigene Sichtweise auf das Thema dar? Wie vermeidet er dabei eine moralisierende Haltung?

Rahmen

Der Rahmen bezieht sich sowohl auf den Lernort (Veranstaltungsort) als auch auf eine Kontinuität in der Bildungsarbeit. Eine einladende Atmosphäre sorgt für einen entspannten und offenen Zugang, auch zu den Inhalten der Veranstaltung. Regen der Raum und die Ausstattung die Sinne an (Düfte, Bilder, Anschauungsmaterialien)? Ermöglicht die Bestuhlung einen Dialog oder ist sie eher für Frontalunterricht geeignet? Ist der Raum barrierefrei zu erreichen? Wird auf eine bio-regional-faire Verpflegung geachtet? Eine Kontinuität in den Angeboten ermöglicht den Teilnehmenden und dem Weltladen als Veranstalter mehr Möglichkeiten zur Kompetenzerweiterung. Dies kann sich sowohl darauf beziehen, das „gleiche Angebot“, zum Beispiel die Weltladenerkundung, mehrfach anzubieten und dadurch einen größeren Erfahrungsschatz zu sammeln, als auch darauf, häufiger mit derselben (Ziel-)Gruppe zu arbeiten und dadurch eine tiefere Auseinandersetzung zu erzielen. Weist der Weltladen auf die Möglichkeit der inhaltlichen Weiterarbeit hin? Stehen Aufwand und Kosten der Vorbereitung in einem angemessenen Verhältnis zur erwarteten Wirkung?

Referent*in

Referent*innen sind gefragt, das Angebot pädagogisch und inhaltlich kompetent durchzuführen. Dazu benötigen sie Fachwissen, einen bewussten Umgang mit Vorurteilen, eine Bereitschaft zum Dialog auf Augenhöhe und zur Reflexion des Umgangs mit Nicht-Wissen und der persönlichen Werte. Außerdem benötigen sie die Bereitschaft, die eigene Position authentisch und transparent darzustellen und gegebenenfalls die eigenen Ansichten auch in Frage stellen zu lassen.

Stand: Dezember 2020


Quelle

Weltladen-Dachverband (2018): Warum wissen meine Eltern das eigentlich nicht\?

Zum Weiterlesen

2007_WLDV_Kriteren-für-Konzepte-im-Weltladen 2012_VENRO_Diskussionspapier-Qualikriterein-BA 2015_FFH_Qualikriterien-BA-FH 2015_GLiS_qualitaet_globales_lernen_in_schule

Quelle: Wiki-Artikel „Qualitätskriterien in der Bildungsarbeit“ von Weltladen-Dachverband e.V. unter einer CC BY 4.0-Lizenz

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Stand: 10/2022

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