Konvention der Weltläden
Die Konvention der Weltläden definiert den Fairen Handel der Weltläden und die Ansprüche an alle, die an diesem Handel beteiligt sind, das heißt sowohl an die Weltläden selbst als auch an die anerkannten Lieferanten (Importeure) und die Produzent*innen. Sie ist abgestimmt auf die 10 Grundsätze des Fairen Handels der World Fair Trade Organization (WFTO).
Vorwort
Die Konvention der Weltläden ist gemäß der Satzung des Weltladen-Dachverbandes für die Mitglieder des Weltladen-Dachverbandes verbindlich und dient als Grundlage ihrer Arbeit. Die Konvention definiert den Fairen Handel der Weltläden und die Ansprüche an alle, die an diesem Handel beteiligt sind,
- Weltläden,
- von den Weltläden anerkannte Importeure und
- Produzent*innen, ihre Zusammenschlüsse und Vermarktungsorganisationen.
Die vorliegende Fassung ist eine Fortschreibung der Konvention aus dem Jahre 2010. Sie wurde von der Mitgliederversammlung des Weltladen-Dachverbandes am 17. Oktober 2010 verabschiedet und bei den Mitgliederversammlungen am 29. Juni 2014, am 21. Juni 2015, am 10. Juni 2018 und am 30. Juni 2019 überarbeitet. In der Mitgliederversammlung am 30. Juni 2019 wurde darüber hinaus ein Zusatz zur Konvention verabschiedet, der bis zum 30. Juni 2022 Gültigkeit hatte. Dieser Zusatz wurde auf der Mitgliederversammlung am 19. Juni 2022 um zwei Jahre verlängert und war bis zum 30. Juni 2024 gültig. Er ist nicht mehr Bestandteil der aktuellen Konvention.
Lesehinweis:
Zu Beginn jedes Standards gibt es einen allgemeinen Teil (überschrieben: „Für alle Akteure“), der für alle am Fairen Handel Beteiligten verbindlich ist. Zusätzlich gibt es Regelungen, die nur einzelne Akteure betreffen. Diese sind für die jeweilige Gruppe gesondert aufgelistet. Wenn bei einem Standard ein Akteur nicht gesondert aufgeführt ist, sind alle für ihn relevanten Aspekte bereits im allgemeinen Teil benannt.
Präambel
Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzent*innen und Arbeiter*innen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Fair-Handels-Organisationen engagieren sich (gemeinsam mit Verbraucher*innen) für die Unterstützung der Produzent*innen, die Bewusstseinsbildung sowie die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels (Definition der internationalen Netzwerke des Fairen Handels FINE).
- Der Faire Handel zeigt beispielhaft auf, wie die ökonomischen, ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen innerhalb des Weltwirtschaftssystems verändert werden können und leistet dadurch einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die weltweite Armut. Die Organisationen des Fairen Handels arbeiten besonders mit Kleinproduzent*innen zusammen mit dem Ziel, deren wirtschaftliche Unabhängigkeit und Selbstbestimmung zu erreichen. Dafür muss sich jede der Organisationen ständig selbst überprüfen, Fehler erkennen und Verbesserungsschritte einleiten. In Ergänzung zur FINE-Definition gibt es folgende zusätzliche Kriterien für Produzent*innen in Ländern des „Nordens“:
- Es handelt sich um Kleinproduzent*innen bzw. eine Gruppe von Kleinproduzent*innen.
- Es handelt sich um ökonomisch benachteiligte Produzent*innen oder Organisationen, die mit ökonomisch benachteiligten Produzent*innen zusammenarbeiten.
- Lebensmittelproduzent*innen müssen eine gültige Bio-Zertifizierung vorweisen oder sich in der Umstellung auf Bio-Anbau befinden.
- Es müssen zusätzliche sozio-ökonomische Möglichkeiten für wirtschaftlichbenachteiligte Menschen entstehen.
Motivation der Weltladenarbeit: Kritik am bestehenden Welthandel
Die Weltladenarbeit ist in den 1970er Jahren entstanden. Sie hat sich aus Protestbewegungen von kirchlichen und politischen Gruppen als Teil einer umfassenderen Alternativbewegung entwickelt. Die Kritik am Welthandel bezieht sich auf die unterdrückenden und ungerechten Strukturen des Handels. Diese werden deutlich
- im Machtgefälle zwischen den Handelspartner*innen,
- in niedrigen Rohstoffpreisen,
- im Machtmissbrauch durch Konzerne,
- in Missachtung und im Abbau sozialer und ökologischer Standards,
- in Handelshemmnissen für Produkte aus Ländern des Südens, z.B. durch hohe Importzölle,
- durch Subventionen für landwirtschaftliche Produkte aus Industrieländern.
Neben dieser internationalen Ebene gibt es auch innerhalb der Länder ausbeuterische Strukturen, wie zum Beispiel einen Zwischenhandel, der den mangelnden direkten Marktzugang von Kleinproduzent*innen ausnutzt.
Aktivitäten der Weltläden
Die Weltläden arbeiten schwerpunktmäßig in drei Bereichen:
Vermarktung fair gehandelter Produkte
Weltläden verkaufen Produkte, die im Sinne dieser Konvention erzeugt wurden. Durch aktive Vermarktung erhöhen sie den Absatz dieser Produkte zum Nutzen der Produzent*innen.
Informations- und Bildungsarbeit
Weltläden fördern über Informations- und Bildungsarbeit ein entwicklungspolitisches Bewusstsein. Sie thematisieren Fragen des Welthandels und andere relevante Inhalte wie z.B. Ernährungssicherheit und Klimawandel.
Politische Aktionen (Kampagnen)
Weltläden organisieren und/oder unterstützen politische Aktionen und/oder beteiligen sich daran. Diese haben die Beeinflussung der öffentlichen Meinung, die Veränderung der politischen Rahmenbedingungen, die Mobilisierung kritischer Konsument*innen und eine Veränderung des Konsumverhaltens zum Ziel. Die Aktionen beziehen sich z.B. auf bestimmte Produkte, die Bedingungen des Handels, die Verschuldung von sogenannten Entwicklungsländern oder auf Menschenrechtsverletzungen. Darüber hinaus arbeiten Weltläden (z.B. über den Weltladen-Dachverband) auf nationaler, europäischer und weltweiter Ebene mit anderen Organisationen zusammen und sind bestrebt, diese Zusammenarbeit auszubauen.
Standard 1: Handelspraktiken
Für alle Akteure
Alle am Fairen Handel beteiligten Akteure kooperieren miteinander und vermeiden unfairen Wettbewerb. Sie maximieren nicht ihren Gewinn auf Kosten anderer. Sie streben nach der Vergrößerung ihres Handelsvolumens, um eine Einkommenssteigerung und einen Zugewinn an sozialer Sicherheit für die Produzent*innen zu erreichen. Die Handelsspanne muss auf allen Ebenen fair sein. Dies setzt faire Preise voraus: Ein fairer Preis ist ein Preis, auf den sich alle Beteiligten im Dialog geeinigt haben. Einerseits stellt er eine Bezahlung sicher, die menschenwürdiges Leben ermöglicht, andererseits ist er marktfähig. Die Preisgestaltung im Fairen Handel spiegelt auch die Kostenfaktoren wider, die durch die Einführung bzw. Einhaltung bestimmter Sozial- und Umweltstandards entstehen. Erwirtschaftete Überschüsse werden vorrangig in die Strukturen des Fairen Handels reinvestiert. Soweit dies sinnvoll ist, erfolgt die Wertschöpfung im Ursprungsland. Vertragliche Verpflichtungen sind fristgerecht und professionell zu erfüllen. Alle Produkte und Zutaten von Produkten, die aus Fairem Handel verfügbar sind, müssen aus Fair-Handels-Quellen bezogen werden.
Weltläden
- Weltläden werden so geführt, dass eine langfristige Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens (z.B. durch Preiskalkulation und Sortimentsgestaltung) gewährleistet ist.
- Weltläden nehmen am Monitoring teil und entwickeln daraus Verbesserungsmaßnahmen.
- Als Fachgeschäfte für Fairen Handel verhalten sich Weltläden kundenorientiert in Bezug auf Öffnungszeiten und Attraktivität des Sortiments sowie durchqualifizierte Beratung.
- Weltläden vermarkten ihre Produkte aktiv.
- Mitgliedsweltläden streben eine einheitliche Außendarstellung an. Weltläden erwerben mit ihrer Mitgliedschaft das Recht, das geschützte Weltladen-Logo mit oder ohne ihren jeweiligen Weltladen-Namen in allen Bereichen der Öffentlichkeitsarbeit und im Marketing/Werbung zu nutzen.
- Weltläden kaufen Produkte bei Importorganisationen ein, die erfolgreich überprüft und im Lieferantenkatalog des Weltladen-Dachverbandes aufgeführt sind.
Importorganisationen
- Als Handelspartner*innen werden Zusammenschlüsse von Produzent*innen mit gleichberechtigter Mitbestimmung bevorzugt. Die demokratischen Strukturen einer Genossenschaft werden hierbei als ein geeigneter Rahmen angesehen, jedoch nicht als einzige Organisationsform.
- Die Importeure unterhalten langfristige Beziehungen zu den Produzent*innen in den Ursprungsländern.
- Ausbeuterischer Zwischenhandel muss unterbleiben.
- Vermarktungs- und Importorganisationen des Fairen Handels unterstützen Maßnahmen zur Professionalisierung der Produzent*innen.
- Eine zinsfreie Vorauszahlung von mindestens 50 % wird auf Anfrage bei Handwerksprodukten gewährleistet. Bei landwirtschaftlichen Produkten wird auf Anfrage mindestens 50 % Vorauszahlung gewährleistet, die zu einem angemessenen Zinssatz verzinst werden kann. Dieser Zinssatz darf nicht den Satz überschreiten, für den sich der Käufer auf dem Kapitalmarkt Geld leihen kann.
- Die Einkäufer*innen des Fairen Handels stellen sicher, dass Warenlieferungen zeitnah bezahlt werden.
Produzent*innen/Vermarktungsorganisationen in den Ursprungsländern
- Über die Verwendung des Mehrpreises entscheiden die Produzent*innen selbst in einem demokratischen Prozess; er wird auch zur Verbesserung der Infrastruktur in den Dörfern/Regionen eingesetzt, um eine Weiterentwicklung des Gemeinwesens zu ermöglichen.
- Die Erhöhung des Absatzes auf den regionalen Märkten ist ein Ziel der Arbeit der Gruppen vor Ort, um einseitige Abhängigkeiten von Exporten zu vermeiden.
- Bei der Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen darf die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln in den Herkunftsländern nicht gefährdet werden.
Standard 2: Arbeitsbedingungen
Für alle Akteure
Allgemeine Arbeitsbedingungen
Im gesamten Fairen Handel stehen die Menschen und ihre elementaren Bedürfnisse im Vordergrund. Qualität – ein wichtiger Aspekt des Fairen Handels – bezieht sich nicht nur auf die Hochwertigkeit der gehandelten Produkte, sondern auch auf die Sozialverträglichkeit im Herstellungs- und Vermarktungsprozess. Bei Arbeitszeiten und Arbeitsbedingungen werden die Rahmenbedingungen beachtet, wie sie durch nationale und lokale Gesetzgebung als auch durch die ILO-Konvention definiert werden. Mindestlöhne dürfen nicht unterschritten werden. Es wird ein Lohn angestrebt, der im lokalen Kontext einem existenzsichernden Einkommen („Living wage“) entspricht. Wenn existenzsichernde Löhne zu einer Unverkäuflichkeit der Produkte führen, bzw. existenzsichernde Löhne noch nicht direkt umsetzbar sind, so müssen von allen im Fairen Handel Beteiligten klare und dokumentierte Schritte gegangen werden, um dieses Ziel zu erreichen. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die soziale Absicherung aller Mitarbeitenden. Einkommensunterschiede müssen durch unterschiedliche Arbeitsbereiche und Verantwortlichkeiten begründet sein.
Ausschluss von Diskriminierung
Bei keinem Akteur des Fairen Handels darf es Diskriminierung geben, die z.B. auf Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, nationaler Herkunft, Kaste, Religion, Behinderung, sexueller Orientierung, Gewerkschaftszugehörigkeit, politischer Orientierung, Krankheiten oder Alter beruht. Gesellschaftliche und unter Umständen institutionalisierte Benachteiligungen sollen aufgebrochen und in der eigenen Organisation vermieden werden.
Ausschluss von ausbeuterischer Kinderarbeit
Die Akteure des Fairen Handels halten die UN-Konvention zu Kinderrechten und nationale bzw. örtliche Gesetze ein, welche die Anstellung von Kindern regeln. Ausbeuterische Kinderarbeit ist immer abzulehnen. In Fällen, in denen die Alternative zu Kinderarbeit für die Kinder schlechter wäre, wie z.B. Prostitution oder der Straße überlassen zu sein, wird sie unter Einhaltung der UN-Konvention zu Kinderrechten und unter folgenden Voraussetzungen geduldet: Der Zugang zu Schule und Ausbildung muss gewährleistet sein. In allen Fällen sind Kinder in besonderem Maße vor Arbeit, die sie körperlich oder seelisch beeinträchtigt, zu schützen. Jedwede Beschäftigung von Kindern bei der Produktion oder Vermarktung eines Fair-Handels-Produktes (inklusive des Erlernens einer traditionellen Kunst oder eines traditionellen Handwerks) wird stets offengelegt und überwacht, um ein Mindestmaß an Sicherheit und Wohlergehen zu gewährleisten. Ausschluss von ZwangsarbeitDie Organisationen stellen sicher, dass in ihrer Belegschaft bzw. unter ihren Heimarbeiter*innen keine Zwangsarbeit geleistet wird.
Recht auf Gewerkschaftsfreiheit
Die Organisationen des Fairen Handels respektieren das Recht der Arbeitnehmer*innen, Gewerkschaften ihrer Wahl zu gründen oder ihnen beizutreten und kollektiv zu verhandeln. Wenn diese Rechte durch Gesetz und/oder durch politische Umstände eingeschränkt sind, schafft die jeweilige Fair-Handels-Organisation eigene Möglichkeiten zu unabhängiger und freier Organisation ihrer Angestellten.
Weltläden
- In Weltläden soll eine Arbeitsplatzbeschreibung für jeden Arbeitsplatz erstellt werden.
- Neue, ehrenamtliche und bezahlte Mitarbeiter*innen müssen angemessen eingearbeitet werden. Dazu gehört nicht nur die Einführung in technische/praktische Fragen und Verkaufstechniken, sondern auch ein Grundwissen über den Fairen Handel, Produkte und Produzent*innen.
- Die Organisationsstruktur der Weltläden ermöglicht demokratische Mitbestimmung aller Mitarbeiter*innen.
Standard 3: Transparenz
Für alle Akteure
Eine Grundlage des Fairen Handels der Weltläden ist Transparenz, sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch zwischen den Handelspartner*innen. Produzent*innen, Importorganisationen und Weltläden ermöglichen für ihre Handelspartner*innen eine Einsicht in ihre Zielsetzungen, ihre Organisationsstruktur, ihre Prozesse zur Entscheidungsfindung, ihre Besitzverhältnisse, ihre finanzielle Situation, ihre Handelswege und ihre Handelskriterien. Dies kann geschehen durch Einsicht in ihren Finanzhaushalt (Geschäftsberichte und Bilanzen), durch die Möglichkeit zum Gespräch, nicht nur mit der Leitung, sondern auch mit anderen Mitarbeiter*innen und durch Informationsmaterial. Alle Handelspartner*innen respektieren die Vertraulichkeit von bereitgestellten geschäftlichen Informationen. Zwischen den Handelspartner*innen besteht eine unaufgeforderte Mitteilungspflicht bei grundsätzlichen Veränderungen in der Organisation oder bei Problemen im Geschäftsablauf.
Weltläden
- Für Kund*innen müssen schriftliche Informationen vorhanden sein, aus denen die Organisationsstruktur, die Mitbestimmung und die Besitzverhältnisse hervorgehen.
- Für die Produkte muss die Preiskalkulation nachvollziehbar sein. Die Handelsspanne für den Laden wird auf Nachfrage offengelegt.
- Über den Finanzhaushalt müssen regelmäßig Berichte erstellt werden (z.B. Jahresbericht).
- Produkte, die nicht aus Fairem Handel stammen, müssen als solche erkennbar sein.
- Der interne Informationsfluss zwischen den Weltladenmitarbeiter*innen muss gewährleistet und Entscheidungsprozesse müssen transparent sein.
Importorganisationen
- Kriterien zur Auswahl von Projekten und Preiskalkulationen der Produkte müssen vorhanden sein und offengelegt werden.
Standard 4: Bildungs- und Informationsarbeit
Für alle Akteure
Die Akteure des Fairen Handels vermitteln Informationen über die Produkte, die Produzent*innen, die Herkunftsländer der Produkte, den Weg des Produkts zu den Verbraucher*innen und die Rahmenbedingungen und Machtverhältnisse im Welthandel. Sie fördern die Entwicklung von beruflichen Kompetenzen ihrer Mitarbeiter*innen und bieten ihnen nach Möglichkeit Weiterbildungsmaßnahmen an.
Weltläden
- Weltläden fördern über Bildungsarbeit die Auseinandersetzung mit dem Fairen Handel und Fragen globaler Gerechtigkeit im Welthandel.
- Weltläden sind Orte sozialen und inhaltlichen Lernens.
- Die eigene kontinuierliche Weiterbildung ist für die öffentliche Informations- und Bildungsarbeit unerlässlich.
- Zwischen den Produzent*innen und den Weltläden sollte, z.B. durch Besuche und Konferenzen, eine Rückkoppelung existieren, um das beiderseitige Wissen über Lebensbedingungen und Marktsituationen zu erweitern.
- Weltläden leisten mindestens folgende Basis-Bildungsarbeit:
- Für Multiplikator*innen und andere Interessierte stehen Bildungsmaterialien zum Erwerb oder zur Ausleihe zur Verfügung.
- Weltläden können als Lernorte von Schulklassen und anderen Gruppen genutzt werden.
Importorganisationen
- Importorganisationen unterstützen Produzent*innen dabei, ihre Managementkenntnisse und Produktionsfähigkeit zu erhöhen.
- Importorganisationen unterstützen Vermarktungsorganisationen dabei, ihre Fähigkeiten zur Förderung der Produzent*innengruppen weiterzuentwickeln.
- Sie haben ausreichende Informationen zu Produzent*innen und Produkten und stellen diese in schriftlicher Form den Weltläden zur Verfügung.
Standard 5: Öffentlichkeitsarbeit und politische Arbeit
Für alle Akteure
Die Akteure des Fairen Handels fördern über Öffentlichkeitsarbeit und Kampagnen das Bewusstsein über ihre politischen Zielsetzungen sowie die Notwendigkeit, sich für Gerechtigkeit im Welthandel einzusetzen. Durch die Darstellung in der Öffentlichkeit und in der Werbung werden die Ziele des Fairen Handels im Sinne dieser Konvention vermittelt.
Weltläden
- Weltläden verstehen sich als handels- und entwicklungspolitische Interessenvertretung und vernetzen sich regional mit Initiativen vergleichbarer Zielsetzungen.
- Der Weltladen-Dachverband versucht, die Vielfalt der Meinungen zu gemeinsamen Positionen der Weltladen-Bewegung zusammenzuführen. Weltläden sind nicht verpflichtet, aber aufgefordert, sich hinter diese gemeinsamen handels- und entwicklungspolitischen Forderungen zu stellen und kommunizieren diese mit Nachdruck in der Öffentlichkeit. Darüber hinaus werden sie aufgefordert und ermutigt, an gemeinsamen Kampagnen (z.B. zum Weltladentag) teilzunehmen.
Produzent*innen/Vermarktungsorganisationen in den Ursprungsländern
- Durch den Modellcharakter der Projekte und durch eigene Aktionen tragen die Produzent*innen zur politischen Diskussion in den Erzeugerländern bei.
Standard 6: Umweltschutz
Für alle Akteure
Alle Akteure des Fairen Handels bemühen sich um größtmögliche Umweltverträglichkeit im Herstellungs- und Vermarktungsprozess. Sie halten ihren Energieverbrauch gering und decken ihn idealerweise aus erneuerbaren Energiequellen. Sie erzeugen wenig Müll und entsorgen ihn umweltverträglich. Alle Waren sollen nach Möglichkeit in recycelte bzw. recyclebare oder biologisch abbaubare Materialien verpackt werden. Die Wahl der Transportwege und -mittel erfolgt ebenfalls nach sozialen und ökologischen Aspekten. Die jeweiligen Bestimmungen der nationalen Gesetze im Umweltrecht werden eingehalten.
Importorganisationen
- Einkäufer*innen und Importorganisationen bevorzugen Produkte, die auf der Basis von ökologisch nachhaltig erzeugten Rohstoffen hergestellt sind.
- Sie fördern bei landwirtschaftlichen Produkten die Ökozertifizierung durch Organisationen im Erzeugerland und unterstützen durch Beratung die Produzent*innen dabei, auf umweltverträgliche und nachhaltige Produktionsweisen umzustellen.
Produzent*innen/Vermarktungsorganisationen in den Ursprungsländern
- Organisationen, die Fair-Handels-Produkte herstellen, setzen möglichst nachhaltig erzeugte Rohstoffe bei der Produktion ein und beschaffen diese nach Möglichkeit vor Ort.
- In der landwirtschaftlichen Produktion sollen ökologische Anbaumethoden angewendet und der Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden so gering wie möglich gehalten werden. Besonders umweltschädigende Produktionsweisen sind auszuschließen.
- Vermarktungsorganisationen unterstützen durch Beratung die Produzent*innen dabei, auf umweltverträgliche und nachhaltige Produktionsweisen umzustellen.
Standard 7: Ergänzungsprodukte
Weltläden
Das zentrale Anliegen der Weltläden ist die Förderung des Fairen Handels. Produkte aus Fairem Handel machen deshalb den überwiegenden Teil des Sortiments aus und prägen das Erscheinungsbild des Ladens. Weltläden verstehen sich aber auch als Teil einer umfassenderen Bewegung für nachhaltigen Konsum. Sie können daher neben Produkten aus dem Lieferantenkatalog
- weitere Produkte aus sozialverträglicher und ökologischer, insbesondere regionaler, Herstellung,
- Produkte, die auf vorbildliche Weise Alternativen zu ökologisch bedenklichen Verhaltensweisen bieten und insbesondere einen Beitrag zur Müllvermeidung leisten,
- Produkte aus selbstüberprüften kleinen Projekten
- sowie Bücher, Tonträger und Druckerzeugnisse (z.B. Broschüren) anbieten.
Diese Produkte werden unter dem Begriff „Ergänzungsprodukte“ zusammengefasst und machen nicht mehr als 20 % des Netto-Gesamtumsatzes des Weltladens aus. Wenn es diese Produkte auch aus Fairem Handel gibt, dann sind letztere immer vorzuziehen. Bei Grenzfällen zwischen regionalen Produkten und fair gehandelten Produkten aus dem Süden (z.B. Wein oder Honig) kann der Weltladen im Einzelfall selbst entscheiden, welche dieser Produkte er anbietet.
Die oben genannten Produkte müssen folgende Kriterien erfüllen:
- Sie zeigen Alternativen zu konventionellen Herstellungs- oder Vermarktungs-strukturen auf.
- Durch den Verkauf der Produkte werden sozialverträglich und ökologisch produzierende - insbesondere regionale - Betriebe unterstützt.
- Auf allen Ebenen (Produzent*innen, Import- bzw. Vertriebsorganisationen und Weltläden) wird auf ähnliche Kriterien wie in dieser Konvention geachtet.
- Tonträger, Bücher und Druckerzeugnisse dienen der Informationsarbeit und der Sensibilisierung für entwicklungspolitische und globale Themen.
Die Kriterien für selbstüberprüfte kleine Projekte sowie für Produkte aus sozialer und ökologischer Produktion werden vom Weltladen-Dachverband in einer separaten Richtlinie näher erläutert. Der Weltladen macht im Laden sichtbar, dass er neben Produkten aus Fairem Handel auch andere Produkte führt, die ökologischen und sozialen Standards entsprechen und dabei zum Teil auch aus regionaler Herstellung stammen. Den Kund*innen muss der inhaltliche Zusammenhang zur Weltladenarbeit erklärt werden können.
Stand: 2025